Fachärzt*innen und ihre Erfahrungen - Anästhesiologie

Erfahrungen miteinander teilen, voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren. Das möchten wir mit unseren neuen Serie bewirken. Heute erzählt Dr. med. Reto Thomasin, Leitender Arzt für Anästhesiologie.

Was fasziniert dich so an deinem Beruf?

Die Zusammenarbeit mit zahlreichen unterschiedlichen Fachdisziplinen und Berufsgruppen.

Wer oder Was inspirierte dich deiner Fachdisziplin nachzugehen?

Es war meine erste Stelle nach dem Staats und eines der Fachgebiete in der engeren Auswahl u.a. auch mit der Überlegung für allfällige Akutsituationen - gleich welches Fachgebiet ich schlussendlich wähle – gerüstet zu sein. Dann war es fachlich und vom Team her so gut und passend, dass ich hängen geblieben bin. Nicht ohne vorher noch das alternative Gebiet – Innere Medizin - besucht zu haben .

Wie würde für dich ein perfektes Leben als Arzt aussehen?

Genügend Zeit und ausgewogenes Mass zwischen klinischer Kerntätigkeit im Fachgebiet, Teaching und Büroarbeiten. Ausreichend Freizeit für Erholung, Familie und Hobbies.

Der Beste Moment in der Klinik ist …

wenn eine heikle Situation, dank gutem Teamwork und dem grossen Engagement aller Beteiligten gut ausgeht - alle im Flow waren.

Teambuilding in der Klinik ist …

wenn man sich gegenseitig unterstützt, sich füreinander einsetzt und sich aufeinander verlassen kann

Gutes Leadership bedeutet für mich …

immer eine offene Tür und ein offenes Ohr für die Anliegen und Sorgen der Mitarbeiter zu haben.

Was ist für dich besonders in deiner Fachdisziplin?

Die Zusammenarbeit im Team, Interdisziplinarität und Interporfessionalität, sehr abwechslungsreich: Du weisst oft, am Morgen nicht, was dich bis zum Abend alles erwartet.

Gibt es eine Fähigkeit/Stärke, die eine Voraussetzung für deine Fachdisziplin ist?

Flexibiltät: Akzeptieren, dass die Tage nur bedingt planbar sind;

Fähigkeit antizipieren zu können;

Umgang mit Anspannung / Entspannung: “hours of boredom, minutes of thrill, seconds of terror”

Gab es Stolpersteine in Bezug auf das SIWF Weiterbildungsprogramm, z.B. bei der Facharztanerkennung, Standortbestimmung), die du mit deinen Berufskolleg*innen teilen möchtest?

Mir sind keine mehr erinnerlich. Es ist sicher sinnvoll die aktuelle Version des Weiterbildungsprogramms genau zu konsultieren und ggf. Beim SIWF nachzufragen bzw. eine Standortbestimmung zu machen, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben.

Gibt es speziell erwähnenswerte Stellen oder gute Weiterbildungskurse auf dem Weg zum FA, die du hervorheben möchtest?

Das ist sehr subjektiv nach Laufbahnvorstellungen. Ich selber wollte nicht an einer Uniklinik arbeiten, da es mir zu gross und anonym war. Deshalb war ich in kleineren bzw. mittelgrossen Häusern mit gutem Arbeitsklima (das Arbeitsklima hat für mich einen sehr hohen Stellenwert).

Gleiches gilt für die Kurse. Aktuell ist aber sicher die Sonographie zu erwähnen, bei der sich eine Vertiefung lohnt! Gewisse Kurse sind für weiterführende Fähigkeitsausweise vorgeschrieben (Notarzt, point of care ultrasound).

Denkst du Frauen haben es schwerer?

Nicht grundsätzlich, aber es ist so, dass nach wie vor an vielen Orten höhere Kaderpositionen an ein bestimmtes minimales Pensum (z.B. 80%) geknüpft sind, was Mütter oft benachteiligt, wenn sie sich an der Kinderbetreuung beteiligen wollen bzw müssen.

Pensen von 50 – 60% gibt es eher für Oberärztinnen als für Leitende oder Chefärztinnen.

Was würdest du einem jungen Assistenzarzt*ärztin mit auf dem Weg geben?

Schau, dass du die Bereiche, welche dich interessieren, ausprobieren kannst. Nur so findest du heraus, was für dich passt

Lass dich zeitlich nicht unter Druck setzen, jede Stelle – auch wenn sie schlussendlich für den Facharzttitel nicht ‘nötig’ gewesen wäre – bringt dich in Bezug auf Lebens- und Berufserfahrung weiter (Ausnahmen sind vielleicht akademische Karrieren oder die Familienplanung).

Was waren deine persönlichen Herausforderungen auf deinem Weg?

Viele Stellenwechsel als Assistenzarzt, um möglichst viel zu sehen. Das war mit der Zeit mit Familie (v.a. für meine Familie) herausfordernd.

Sprung vom AA zum OA zu Anfang: Wann ist der richtige Zeitpunkt, habe ich einen genügend grossen Rucksack oder fehlt mir noch ein Teilgebiet? Braucht es in einem Bereich noch mehr Erfahrung? Später: Wieso werden Andere mit gleicher Erfahrung befördert und ich nicht? (Hier kann helfen, klar und direkt nachzufragen, was noch fehlt bzw. erwartet wird und wie das erreicht werden kann – ggf. Mentoring anstreben.)

War die Weiterbildung schwer oder wurdest du stets unterstützt?

Grundsätzlich hatte ich eine gute Weiterbildung und viele engagierte und gute bis exzellente Weiterbildner, aber wenig Struktur, was wann wie gelernt bzw. vermittelt werden soll, sowohl in den einzelnen Kliniken, als v.a. auch über das gesamte Curriculum. Deshalb versuche ich mich persönlich in der Weiterbildung zu engagieren. um hier weitere Verbesserungen anzuregen.

Strebst du an Chefarzt zu werden?

Nein, bin Leitender Arzt, das passt gut so: kann mich in der Weiterbildung engagieren und habe genügend Zeit für die klinische Tätigkeit

Wie gehst du persönlich mit Stress um?

Sehr unterschiedlich. Je nach Situation werde ich ruhiger und konzentrierter, kann aber auch mal laut werden – Ziel ist aber jeweils den Stress nicht (nach unten) weiterzugeben (was nicht immer gelingt).

Für den Stressabbau habe ich meine Hobbies und Sport. Belastende Situationen bespreche ich mit meinen Peers und mit meiner Partnerin.

Was gehört zu deiner Routine?

Etwas früher bei der Arbeit sein um nicht gehetzt anzukommen. So reicht es meist auch für einen Morgenkaffee und einen kurzen Schwatz.

Im Tagesablauf: Checks an den vorgesehenen Zeitpunkten sowie Nachbesprechungen (fachlich und teaching-bezogen).

Was sind deine grössten Erfolge?

Die meisten Ziele erreicht zu haben, die ich mir beruflich und privat gesteckt habe: Facharzttitel, Fähigkeitsausweise, Nachdiplomstudium, Sprachdiplom, wobei das einerseits nur möglich war, indem mir meine Frau den Rücken freigehalten hat und andererseits, es doch auch ab und an darauf ankommt zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein.

Welche Fähigkeit besitzt du, um Herausforderungen medizinisch und persönlich anzugehen?

Flexibilität, Mitdenken und Antizipieren können, Neugierde, Kritikfähigkeit und weiterhin grosse Motivation mehr und Neues zu lernen (fachlich und menschlich).

Wie gehst du selbst zum Arzt? Redest du rein oder vertraust du deinen Kollegen?

Gehe eher selten selbst zum Arzt. Ich frage eher im Spital eine Kollegin um Rat, verlasse mich aber auch bei nichtärztlichen Fachpersonen auf ihre Expertise.

Was machst du ausserhalb der Klinik am liebsten?

Lesen.

Was machst du als Ausgleich zur Klinik?

Freunde und Familie sowie diverse Hobbies wie Lesen, (Ausdauer-)Sport, Kochen, Musik.

Wir bedanken uns herzlich bei Reto für den ausführlichen persönlichen Einblick! Falls ihr Fragen zu den Fachgebiet habt oder selbst eure Erfahrungen mit uns teilen möchtet kontaktiert uns via kommunikation@vsao-zh.ch

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