Die Aussagen des Zürcher Herzchirurgen Paul Vogt in der gestrigen NZZ im Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen von Assistenzärztinnen können so nicht unwidersprochen bleiben. Seine These, dass die Qualität der Arbeit gleichbleibt, egal wie lange und wie viel gearbeitet wird, widerspricht jeder Alltagserfahrung als auch diversen Studien.
Wir alle wissen aus eigener Erfahrung, dass übermüdete Menschen fehleranfälliger sind als ausgeschlafene und dass irgendwann ein Punkt kommt, an dem es ohne Pause nicht mehr weitergeht. Deshalb ist das Arbeitsgesetz nicht nur einfach ein Schutz vor Ausbeutung, sondern auch eine Sicherheitsvorkehrung.
Abgesehen davon zeugen solche Aussagen auch von einer schädlichen Grundhaltung und Denkweise, in der nicht der Mensch, sondern die Leistung im Vordergrund steht.
Vogts Aussage, Assistenzärztinnen und -ärzte seien ineffizient, ist durch nichts belegt. Er vergisst dabei auch, dass Assistenzärztinnen und -ärzte eben Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung sind. Sie haben das Recht und die Pflicht, vier Stunden strukturierte Weiterbildung pro Woche zu absolvieren. Auf Arbeitszeit – wie auch das SECO kürzlich in einem Brief an die Arbeitsinspektorate unmissverständlich festgehalten hat.
Dazu kommt, dass eine Wochenarbeitszeit von 60 oder gar 70 Stunden für Menschen, die auch ausserhalb ihrer beruflichen Tätigkeit Verantwortung in Form von Care-Arbeit übernehmen wollen, schlicht nicht möglich ist.
Unser Gesundheitssystem steht am Anschlag. Was es jetzt braucht, ist ein Miteinander. Solange Führungskräfte solche disqualifizierenden Aussagen machen, steht es um Reformen leider sehr schlecht.
Was denkst Du zu den Aussagen im NZZ-Interview? Diskutiere mit uns auf hier dazu!
*Siehe auch: Übermüdung führt oft zu medizinischen Fehlern | NZZ oder https://lnkd.in/enZissWB
2023_02_20_NZZ_Interview.pdf (82,6 KB)